Gutes Wissen, schlechtes Wissen
Zur Streichung der Ausstellungsetats der staatlichen Museen

Es ist eng geworden. Jeder muss seinen Beitrag leisten und sparen. Alles, was unmittelbar nichts nützt, darf nicht angeschafft werden. Und so kann Bildung Luxus werden, nicht nur geistiger. Alles , was gar nicht in die Köpfe rein soll, muss raus aus den Schulen, aus den Lehrplänen: das dreizehnte Jahr, die toten Sprachen und so weiter. Klar.
Wissen, das wirklich nur zu Wert gemacht werden kann, indem man es zu Quizsendungen trägt, ist sicher das, das Museen vermitteln können. Kein Deutscher kann behaupten, er habe durch das, was er in Ausstellungen an Qualifikationen durch Betrachten gewonnen habe, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt vergrößert oder gar das dort Erworbene der Volkswirtschaft gewinnbringend eingesetzt. Es sollte also jeder still sein, wenn diese ärgerlich dumme Bildungsform angegangen wird. Der Ausstellungsetat der staatlichen Museen fällt weg. Das bedeutet, dass künftig Ausstellungen im Vorfeld genau geplant und die Mittel zur Realisierung anschließend direkt vom Kultusministerium bewilligt werden müssen. Dadurch werden die Museen in Zukunft nicht unbedingt weniger oder billiger zeigen, eher ist anzunehmen, dass der Zuwachs der Instanzen einen höheren Verwaltungsaufwand erfordert. Qualitativ wird sich was ändern: Mehr Kontrolle.
Der Bürger sieht nicht mehr nur das, was die realitätsferne, jeweilige Museumsdirektion für bemerkenswert an einer Welt hält, die sich um ein bestimmtes Thema wickelt, sondern ministerial geprüftes Material, das was taugt. So wie der Schüler nach der Einführung der Bildungsstandards jetzt weiß, dass er etwas Überlebenswichtiges versäumt, bleibt er im Bett liegen, so ist jedem nun garantiert, dass jeder Euro, den er an der Museumskasse investiert, einen menschlichen Zuwachs bringt. Volkswirtschaftlich scheint das irgendwie plausibel begrüßbar. Exotenwissen kann man sich weiter besorgen aus Büchern aus staatlichen Bibliotheken. Da muss man sich aber auch noch mal was überlegen. Klar.

Willibald Spatz
9. Dezember 2003

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