Degussa

Als beschlossen war, dass der Bau am Holocaust-Mahnmal in Berlin weitergeht wie geplant, mit dem Graffitischutz von Degussa, waren viele erleichtert, andere sahen ein, dass man gegen de Pragmatismus nicht gewinnen kann und es nun keinen Wert hat, noch mal von vorne anzufangen. Die Gründe: Teurer wäre es geworden, 2,3 Millionen Euro, außerdem seien bereits jetzt Firmen beteiligt gewesen mit falscher Vergangenheit. Das heißt: Ist das nun alles egal? Kann man die Sache vergessen?
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Es sollte Menschen in der Planung eines solchen Projektes geben, die so etwas vorausahnen können. Wenn es irgendjemandes Anliegen ist, keinen Skandal zu provozieren, wieso wird keine Positivliste erstellt, mit Firmen, die tadellos sind? Weil es nicht geht, weil es keinen sauberen, deutschen Chemiekonzern gibt?
Es gäbe auch die Hoffnung zur Option, dass das politische Klima in diesem Land so weit gereift ist, dass nie mit Graffitianschlägen gerechnet werden muss, also auch ein Schutz davor nicht nötig ist. Schlimm, wenn so etwas passieren würde, schlimm aber auch, dass das Misstrauen den eigenen Bürgern gegenüber bestehen muss. Muss, weil man wirklich nicht jedem Deutschen trauen darf, auch heutzutage nicht.
Schön wäre, wenn man eins lernen wollte aus dem Vorfall: Vorsicht im Umgang mit dem Wort Skandal, denn, wenn man danach weitermachen muss wie bisher, gewinnt die eigene Glaubwürdigkeit bestimmt nicht dazu. Auf einer Farce steht ein Holocaust-Mahnmal nicht gut, dazu ist die Angelegenheit dann doch zu ernst.
 

Willibald Spatz
16. November 2003

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