Brandschutzbericht
Zur drohenden Schließung des Bechtolsheimer Hofs in Würzburg


Neulich ist Würzburg ja ganz groß 1300 Jahre alt geworden mit Nazioper und allem, was dazu gehört. Da war in der Süddeutschen Zeitung ein Interview mit Frau Beckmann, in dem sie, ohne dass ich mich an den genauen Wortlaut erinnere, sagte, dass in dieser schweren Zeit die Kultur halt auf Sparflamme brennen müsse, damit sie, wenn die Jahre wieder fetter würden noch den Funken hat, ein Buschfeuer zu entzünden.
Konkret heißt das zum Beispiel, den privaten Theatern die Zuschüsse zu kürzen und sie damit an den Rand der Existenz zu schieben. Gut, ganz klar, eine Stadt wie Würzburg, Kulturmetropole Hilfsausdruck, kann die Schließung von drei, vier kleinen Bühnen locker verkraften, hat sie ja noch ein starkes und finanziell robustes Mainfrankentheater und die Jugendzentren, die bekanntlich niemals verschlossen sind, wenn junge Theaterspieler anklopfen und nach Auftrittsmöglichkeiten fragen.
Ich selbst habe im Bechtolsheimer Hof zwei Mal Theater gemacht und kann nur sagen, dass es kaum einen schöneren Ort dafür gibt als dieses Kellergewölbe. Kulissen erübrigen sich fast ganz, denn sobald man die Stufen runtergestiegen ist, umgibt einen eine Atmosphäre, dass man fast kein Theater mehr braucht, der ganze Hof ein Theater ohne Dazutun. Was haben wir das auch ausgenutzt für Sequoya, unser Mittelalterrockspektakel. Eine Musik, die ohne den B-Hof gar nie hätte wirken können.
Es kann keiner, wenn er nicht zufällig Bert Brecht oder Michelangelo heißt, sagen, wie viel er zum kulturellen Wert einer Stadt beiträgt. Ich persönlich glaube, wenn es keinen von uns gegeben hätte, wäre das Uhrwerk Würzburg freilich keine Zehntelsekunde aus dem Takt geraten, aber wenigstens einige von uns wären sauber verkommen und verwahrlost, hätten wir unsere Phantasien nirgendwo ausleben können. So hätte es sicher keinen F. Pilsner gegeben ohne Bechtolsheimer Hof. Oder das Café Cairo, oder das theater ensemble. Zwei genauso geniale Häuser, die uns aufgenommen haben wie Mütter.
Das geht mich eigentlich nichts mehr an, denn ich bin in München jetzt, und ich weiß, was es in der Landeshauptstadt für ein Gerenne ist, damit ich irgendwo so etwas wie ein Bühne finde, um meine Kleinkunst draufzustellen. Da wird mir mal bewusst wie reich Würzburg wirklich ist, wie viel Fleisch da aus dem Herzen der Stadt geschnitten wird, wenn nur ein Jugendzentrum oder Theater zugemacht wird. Dann kann zur Not Frau Beckmann wieder eine Seite in der Zeitung kaufen und sich ein Interview abdrucken lassen, in dem sie beschreibt, wie es brennt in ihrer Stadt.

Willibald Spatz
6. Juni 2004

www.mujuk.de

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